Würdiges Gedenken für ermordete Sowjetsoldaten

20. April 2023


Einige Teilnehmer:innen der Gedenkveranstaltung kamen zum Gruppenfoto zusammen. Foto: Reinhold Weismann-Kieser

Für den 16. April hatte die VVN-BdA Niedersachsen und der DGB Nord-Ost-Niedersachsen zur Gedenkveranstaltung an die Befreiung des KZ Bergen-Belsen und für die toten Sowjetsoldaten auf den sowjetischen Kriegsgefangenenfriedhof Hörsten (bei Bergen-Belsen) eingeladen. Landessprecherin Mecki Hartung freute sich, trotz des nasskalten Wetters fast 50 Gäste begrüßen zu können.

„Das Frösteln auf dem kalten Platz lässt eine Ahnung aufkommen, wie schrecklich die Kriegsgefangenen in den kalten Wintern ohne ausreichende Bekleidung in ihren selbstgegrabenen Erdhöhlen gelitten haben müssen“, schilderte Hartung die Verhältnisse. Bereits im ersten Winter 1941/42 starben mehr als 14 000 Rotarmisten an Hunger, Seuchen und nach Gewalttätigkeiten der Bewacher.

Überlebende setzten sich gegen Militär durch

Das jährliche Gedenken im Zusammenhang mit der Veranstaltung des Landes im nahen KZ Bergen-Belsen, das durch Anne Frank sehr bekannt wurde, hat für die niedersächsische VVN-BdA eine große Bedeutung. Denn obwohl im Kriegsgefangenenlager über 20 000 Sowjetsoldaten in dem der Wehrmacht unterstehenden Lager starben und ermordet wurden, hat dieser Massenmord in den ersten Nachkriegsjahrzehnten für die Landespolitik und auch im Bewusstsein der Bevölkerung keine Rolle gespielt. Darauf wies der Hauptredner der Gedenkfeier, Dr. Ulrich Schneider, Bundessprecher der VVN-BdA und Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer/Bund der Antifaschisten (FIR), in seiner eindrucksvollen Ansprache ausdrücklich hin: „Angesichts des Kalten Krieges und der neuen Nachbarschaft zum Panzerübungsgelände der Bundeswehr und der NATO im Munster-Lager war die sowjetische Kriegsgräberstätte nicht mehr gewünscht“.

Aber das gewünschte „Vergessen“ ist nicht aufgegangen, denn: “ Es war in der Tat das Verdienst der Antifaschisten wie Gertrud Schröter aus Celle und vieler anderer Überlebenden der faschistischen Verfolgung, gemeinsam mit jungen Antifaschist:innen, dass eigentlich seit den 1960er Jahren trotz der Einschränkungen und Behinderungen durch die militärische Nutzung ein regelmäßiges Gedenken an diesem historischen Ort stattfand“, so Schneider.

Gegen die ‚Entsorgung der Erinnerung‘

In dem 2011 eröffneten neuen Dokumentationszentrum beginnt die Dauerausstellung erstmals – entsprechend der Chronologie – mit dem Thema „Sowjetisches Kriegsgefangenenlager“. Die Antifaschist:innen können sich aber jetzt nicht „beruhigt zurücklehnen“. Denn, so Dr. Schneider: „Es gibt mächtige politische Kräfte in verschiedenen europäischen Ländern, die glauben, die Erinnerung an den faschistischen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion – aber auch an die großen Leistungen der Roten Armee für die Befreiung Europas von der faschistischen Barbarei aus dem öffentlichen Bewusstsein eliminieren zu können“. Dagegen kämpft die FIR in ihrem europaweiten Bündnis der Widerstandsorganisationen an: „Gegen solche ‚Entsorgung der Erinnerung‘ und andere Formen der Geschichtsrevision müssen wir als Antifaschistinnen und Antifaschisten aktiv bleiben“, so Dr. Schneider am Schluss seiner mutmachenden Ansprache.

Neben den weiteren eindrucksvollen Beiträgen der Verdi-Gewerkschafterin Susanne Politt und dreier jungen Antifaschist:innen der SJD – Die Falken Braunschweig war ein zusätzlicher Höhepunkt der Veranstaltung das Startsignal für die Unterschriftensammlung der niedersächsischen VVN-BdA : „8.Mai – Tag der Befreiung vom Faschismus muss staatlicher Feiertag werden – Wer nicht feiert, hat verloren“. Hans-Georg Schwedhelm begründete diese Aktion zum jetzigen Zeitpunkt in seinem Beitrag: „Derzeit findet in Niedersachsen eine Diskussion über einen weiteren arbeitsfreien staatlichen Feiertag statt. Die Landesregierung überlegt dies, weil Niedersachsen im Verhältnis zu anderen Bundesländern weniger Feiertage hat. Der 8. Mai steht für uns unter dem Motto ‚Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus‘. Beide Forderungen sind aktueller denn je. Der 8. Mai ist deswegen die richtige Wahl für den zusätzlichen Feiertag“.

Auch online kann unterschrieben werden /weact.campact.de/p/8Maifrei .

Gegenwind

Zur erfolgreichen Durchführung der Gedenkveranstaltung haben nicht zuletzt die musikalischen Beiträge des IG Metall-Chores „Gegenwind“ aus Wolfsburg beigetragen. Die 16 Sänger:innen machten mit ihren internationalen Liedern deutlich, dass Widerstand gegen Unterdrückung und Faschismus eine lange und wirkungsvolle Tradition hat. Der Kampf gegen den Faschismus, für Demokratie und Freiheit und die Einbeziehung der Kultur müssen eine Einheit bilden. Das konnten die Wolfsburger Gewerkschafter:innen eindrucksvoll zu Gehör bringen. Alfred Hartung

Die Ansprache von Dr. Ulrich Schneider kann unter dieser Adresse nachgelesen werden.

Fotos sind ebenfalls auf dieser Seite zu finden.