Rundreise auf Europas größten Truppenübungsplatz

6. Januar 2022

Bei einer Rundreise der „Friedensaktion Lüneburger Heide“ kamen am 27. Dezember 16 Leute zusammen. In Bad Fallingbostel und am Westrand von Europas größtem Truppenübungsplatz wurden verschiedene Orte besucht und viele historische und aktuelle Teilthemen gestreift.

Die Rede von Klaus Meier von der VVN-BdA Celle ist am Ende zu finden.

Nachberichte gibt es hier:

https://www.celleheute.de/post/friedensaktion-l%C3%BCneburger-heide-lud-zu-erkundung-des-truppen%C3%BCbungsplatzes

https://celler-presse.de/tag/charly-braun/

Video von Marco / Friedenskanal Hamburg auf YouTube unter

mit folgenden Zeiten und Themen:

00:00 Entstehung des TrÜbPlatz (Charly Braun, DGB Kreisvorsitzender Heidekreis)

03:16 Gedenken an Kriegsgefangene (Gerhard Martini, ehem. Ratsherr)

08:01 Rheinmetall und Zwangsarbeit (Klaus Meier, VVN-BDA)

12:38 Kriegsübungen, KZ und Gefangenenlager (Egon Hilbich, GEW)

23:04 Befreiung und Stationierung (Charly & Hermann Reinecke, Verdi Heidekreis)

29:04 Gemeindefreie Bezirke und Kasernen (Charly & Hermann)

31:40 Kriegsgefangenenlager Rotarmisten (Charly)

37:23 Kriegsgräberstätte und Gedenken (Charly & Gerhard)

51:55 Gemeindefreier Bezirk Ostenholz und BIMA (Charly, Hermann & Gerhard)

59:46 Legende vom toten Soldaten von Brecht und Antifaschismus (Charly)

01:06:23 Antimilitarismus in der Lüneburger Heide (Charly)

01:07:26 John Lennon im Gasthaus Onkel Nickel (Charly)

01:07:50 Zivile Nutzung, Biosphärengebiet und Olaf Scholz (Gerhard & Charly)

01:10:30 Fazit und Ausblick (Charly, Hermann & Gerhard)

01:15:06 Solidaritätsaufruf und gemeinsamer Abschluss (Charly & alle)

Das Video ist auch auf der Facebook-Seite zu finden, Bitte teilen!! : https://fb.watch/abcYCJw0n0/


Rede von Klaus Meier,

Mitglied im Sprecher*innenkreis der VVN-BdA Niedersachsen e.V., am 27.12.2021 vor dem Denkmal am Bahnhof in Bad Fallingbostel

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten! Liebe Freundinnen und Freunde! Verehrte Anwesende!

Heute spreche ich hier für die VVN–BdA, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.

Diese Organisation wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet von den aus den Zuchthäusern und KZs zurückgekommenen Menschen, die versucht haben den Faschismus zu bekämpfen und ihn deshalb von seiner übelsten Ausprägung kennen gelernt haben.

Einer der Grundsätze und des Vereins war und ist der Schwur von Buchenwald: Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.”

Daraus ergeben sich bestimmte Verpflichtungen. Deshalb treten wir auch alten und neuen Faschisten und Rassisten entschieden entgegen.

Denn der Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Daraus ergibt sich auch der Antimilitarismus und der Pazifismus, für den ich stehe.

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, so ist die Todesfuge von Paul Celan überschrieben. Er ehrt die vergasten und verbrannten Opfer des Holocaust, die ihr Grab in den Wolken fanden. Aber auch: „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau / er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau“.

Im März 1848 hat die Soldateska mit bleiernen Kugeln die Demokraten vor dem Berliner Schloss erschossen. Mit jeder weiteren preußischen oder deutschen Militäraktion wurde deutlich, dass es ein Segen für die Menschheit gewesen wäre, hätte es in den 170 Jahren seitdem nie eine deutsche bewaffnete Macht gegeben. Auf Blut und Eisen beruhte das Reich. Millionen Tote im Ersten Weltkrieg. Ein Vielfaches an Toten im Zweiten Weltkrieg. Und seit 130 Jahren hat der Meister des Todes auch den Namen Rheinmetall.

Zur Geschichte von Rheinmetall

Die Waffen und die Munition für fürchterliche Kriege kamen von Rheinmetall.

Aus der Geschichte der Waffenfabriken auch dieses Konzerns ist nur ein Lichtblick zu erkennen – als im August 1918 die ArbeiterInnen der Waffenfabriken in Berlin die Arbeit niederlegten und zum Sturz der Monarchie und zum Ende des Krieges beitrugen. Noch während der Novemberkämpfe 1918, wurden jedoch aus der Kasse von Borsig/Rheinmetall Millionenbeträge für eine „Antibolschewistische Liga“ bereitgestellt, die damit die Freikorps finanzierte, die Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und tausende für ihre Rechte kämpfende ArbeiterInnen ermordeten.

(In einigen Tagen, am 9. Januar 2022, gedenken wieder Tausende in Berlin den beiden und die vielen anderen, die ihr Leben im Kampf gegen die Reaktion verloren haben auf den Friedhof der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde)

Aber zurück zu Borsig /Rheinmetall.

Im Herbst 1926 war Borsig/ Rheinmetall wieder dabei, als Putschpläne gegen die Demokratie geschmiedet wurden.

Als der Konzern 1933 in Konkurs ging, da war das kein Glücksfall für die Demokratie, sondern für die Nazis. Sie retteten Rheinmetall. Der staatliche Einfluss durch Institutionen der Wehrmacht und die Eingliederung von Rheinmetall-Borsig in das Staatsunternehmen Reichswerke Hermann Göring nahm ständig zu. Bald war das Unternehmen vollständig verstaatlicht und in die planmäßige Kriegsvorbereitung integriert, auf dass die Waffenproduktion wie geschmiert weiterlief. Diese Eingliederung bei Göring rief bei Friedrich Flick und anderen Industriellen, die Hitler um ihrer Profite willen, an die Macht gebracht hatten, Unwillen hervor. Unwillen über „Sozialisierung“, den sie später als eine Art Widerstand ausgaben.

Zwangsarbeit für Rheinmetall

Doch Hermann Göring antwortete ihnen: Wartet ab, Ihr bekommt schon noch Euren Anteil. Und so schritten den Blitzkriegern die Konzernvertreter hinterher, um Stahlwerke und anderen Betriebe zu „arisieren“ und zu rauben und 15 Millionen ZwangsarbeiterInnen ins Reich zu holen, auf dass sie als Sklaven u.a. für Rheinmetall arbeiteten. Viele wurden durch Arbeit vernichtet. Allein die Reichswerke Hermann Göring versklavten 300.000 sog. OstarbeiterInnen. Viele Tausend SklavInnen schufteten an anderen Rheinmetallstandorten.

Und auch heute, nicht weit von hier in Unterlüß ist Rheinmetall wieder dabei, bei allen Kriegen in der Welt direkt oder indirekt mitzuverdienen.

Auch dort in Unterlüß wurden ZwangsarbeiterInnen bis aufs letzte ausgebeutet, so in dem Lager „Tannenberg“, in dem über Tausend ungarische Frauen zu schwersten Arbeiten in der Rüstungsproduktion und sogar im Straßenbau herangezogen wurden. Wenn sie dann nicht mehr arbeiten konnten, kamen sie nach Bergen-Belsen, wo sie dann durch mangelnde Ernährung und bewacht, sich selbst überlassen wurden. Es gab in Unterlüß noch weitere Lager für Zwangsarbeiter.

Während des 2.Weltkrieges viele Männer an den verschiedenen Fronten kämpften, im Osten, im Westen, auf dem Balkan und in Afrika, fehlte es an Arbeitskräften im Reich. Die sollten durch Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten ersetzt werden, vor allem aus dem Gebiet der Sowjetunion, aber auch aus anderen Ländern.

Und an diesem Bahnhof kamen auch viele von ihnen an. So kamen auch Stachos Eltern hier an, um bei einem konkreten Beispiel zu bleiben. Sie kamen aus der Nähe von Lublin. Sie wurden aus Polen einfach verschleppt und hier zum Arbeiten verpflichtet. Sie sind dann hier in Deutschland mit vielen Schwierigkeiten geblieben. Vor allem hatten sie große Probleme bei der Einbürgerung.

Aktuelle Forderungen

Doch lasst uns auf das hier und heute zurückkommen, was fordern wir?

Kriegsübungen wie „US Defender Europe“oder die im letzten Jahr auf dem Balkan, sind kein Beitrag zu Entspannung, Frieden und Abrüstung.

WIR fordern die Bundesregierung auf:

  • Keine weiteren US-/NATO-Kriegsübungen in Europa!
  • Stopp der weiteren Aufrüstung und der Rüstungsausgaben!
  • Sofortige Einleitung einer neuen Entspannungspolitik in Europa!
  • Frieden mit Russland durch die (Wieder-) Aufnahme von Verhandlungen über konventionelle und atomare Abrüstung und Rüstungskontrolle.
  • Nach 76 Jahren Befreiung vom Faschismus und Krieg: Friedensfeste statt „Kriegsspiele“!
  • Nach 80 Jahren Kriegsübungen auf dem TÜP Bergen: Schließung des Platzes und Umwandlung in ein UNESCO-Biosphärenreservat

Und an Rheinmetall:

  • Umwandlung von Rüstung in zivile Produktion – Konversion!